So verwendest du ND-Filter richtig!

Mit Filtern das Objektiv noch besser machen
Mit dem richtigen Objektiv sorgt man bereits dafür, dass man sein gewünschtes Motiv bestmöglich einfangen kann. Gerade im Bereich der Landschaftsfotografie aber kommen viele Fotografen irgendwann an den Punkt, an dem das bloße Ablichten des Motives nicht mehr ausreicht. Sich fotografisch weiterzuentwickeln, seine Bilder auf die nächste Stufe zu heben und eigene, kleine „Kunstwerke“ zu schaffen – davon träumt wohl jeder ambitionierte Fotograf.
Aber wie kreiert man atemberaubende, farbintensive Landschaftsbilder, Lost Places oder scheinbar menschenleere Plätze? Eine Möglichkeit seine Bilder zu verbessern ist das geschickte Spielen mit einer längeren Belichtungszeit. Da man aber tagsüber nicht einfach so lange belichten kann wie man möchte, benötigt man kleine Helfer – die Filter.
Mit ND-Filtern einfallendes Licht reduzieren
Eigentlich ist die Überlegung dahinter recht einfach: will man länger belichten fällt mehr Licht durch die Linse auf den Sensor der Kamera, was zu Überbelichtungen des Bildes führen kann. Für manche Effekte wie z.B. scheinbar „verschleiertes“ Wasser muss man aber eine entsprechend hohe Belichtungszeit wählen. Beides passt scheinbar nicht richtig zusammen, doch es gibt eine Lösung: das einfallende Licht muss reduziert werden, damit in Verbindung mit der höheren Belichtungszeit wieder ein normal belichtetes Bild entsteht.
Hier kommen sogenannte Neutraldichtefilter bzw. ND-Filter (neutral density) ins Spiel, die man umgangssprachlich auch häufig als Graufilter bezeichnet. Graufilter deshalb, weil sie grau eingefärbt sind, und dadurch das einfallende Licht ohne eine Verfälschung der Farbwiedergabe verringern. Wird ein solcher ND-Filter vor dem Objektiv befestigt, verringert er den Lichteinfall, und ermöglicht so bei Tageslicht höhere Belichtungszeiten bis hin zu Langzeitbelichtungen.
Höherer ND-Wert – längere Belichtungszeit
Üblicherweise unterteilt man die ND-Filter nach der Verlängerung der Belichtungszeit, bzw. nach der Anzahl der Blendenstufen.
Als Anhaltspunkt kann folgende Tabelle gelten:
Neutraldichte | Verlängerung Belichtungszeit | Blendenstufe |
ND 0 | x1 | 0 |
ND 0,3 | x2 | 1 |
ND 0,6 | x4 | 2 |
ND 0,9 | x8 | 3 |
ND 1,2 | x16 | 4 |
ND 1,5 | x32 | 5 |
ND 1,8 | x64 | 6 |
ND 3,0 | x1000 | 10 |
Praktischerweise gibt es im Internet nicht nur Tabellen wie diese zur Umrechnung der Werte, sondern mittlerweile auch Apps für alle gängigen Mobilgeräte.
Wirkung der ND Filter
Durch die längere Belichtungszeit in Verbindung mit ND-Filtern lassen sich besondere Effekte erzielen, die anderweitig gar nicht oder nur schwer umsetzbar sind. Dadurch, dass Bewegungen bei langen Belichtungen „verschleiern“, sieht Wasser nicht mehr klar konturiert, sondern nebelartig, verwischt und glattgezogen aus. Wasserfälle, Flüsse, Wellen und Gischt wirken dadurch eher surreal und mystisch.
Das gleiche gilt für Wolken, was sowohl bei der Landschaftsfotografie als auch bei der Architekturfotografie zum Einsatz kommen kann.

Ein weiterer Effekt ist die Ausblendung von Menschen auf öffentlichen Plätzen, wodurch man scheinbar menschenleere oder geisterhafte Bilder erzeugen kann, obwohl die Motive in der Realität stark belebt sind. Durch die lange Belichtung verschwimmen die Personen so sehr, dass sie kaum noch bzw. garnicht mehr zu erkennen sind und dadurch quasi „verschwinden“.
Sonderformen der ND-Filter

Jeder Fotograf, der sich mit Landschaftsfotografie auseinandersetzt kennt das folgende Problem: Die Sonne steht tief am Horizont. Darunter liegt das Meer, der Wald oder das Gebirge, und darüber die Wolken. Egal welchen Bereich des Motivs man fokussiert und egal wie gut das Objektiv oder die Kamera ist, die Lichtverhältnisse des Motivs sind zu unterschiedlich. Fokussiert man die dunkleren Bereiche des Motivs wird der Bereich um die Sonne zu hell und überbelichtet. Fokussiert man die Sonne „versuppen“ die dunklen Bereiche und der Kontrast geht verloren. Die Abdunklung einzelner heller Teilbereiche solcher Motive kann wahre Wunder für die Bildkomposition bewirken.
Grauverlaufsfilter
Für solche Zwecke gibt es praktische Sonderformen der ND-Filter: die Grauverlaufsfilter oder GND-Filter (graduated neutral density filter). Grauverlaufsfilter deshalb, weil ein Teil des Filters von verdunkelt zu klar verläuft, der andere Teil des Filters bleibt klar. Mit dieser Art Filter können spezielle Bereiche des Motivs verdunkelt werden, während der Rest des Motivs normal belichtet wird. So lassen sich Unterschiede in der Ausleuchtung kompensieren und auch schwierige Lichtverhältnisse in Verbindung mit einer längeren Belichtungszeit gestochen scharf festhalten.
Die GND-Filter gibt es als sogenannte Soft GND-Filter (der Verlauf von grau zu klar ist sehr weich) und Hard GND-Filter (harter Übergang von grau zu klar). Hard GND-Filter eignen sich für Motive, bei denen die Trennung zwischen hellen und dunklen Bildbereichen sehr gerade und abrupt ist, z.B. ein gerader Horizont. Soft GND-Filter hingegen nutzt man z.B. wenn der Übergang zwischen hellem und dunklem Bildbereich ungleichmäßig ist und man etwas ausgleichen möchte, z.B. eine Gebirgskette.

Eine ganz besondere Form der Verlaufsfilter ist der sogenannte Reverse GND-Filter oder umgekehrter Grauverlaufsfilter. Eine Hälfte dieses Filters verläuft von außen zur Mitte von klar zu dunkel – also quasi umgekehrt zum normalen Verlauf oder „reverse“. Da die Abdunklung in der Mitte des Filters am stärksten ist werden die Reverse GND-Filter besonders für Motive verwendet, bei denen sich die Lichtquelle in der Mitte des Motives befindet und darüber und darunter dunklere Bereiche dominieren – wie in dem eingangs beschriebenen Beispiel: Wolken – Sonnenuntergang – Meer.
Fazit – ND-Filter machen das Objektiv besser
Mit dem richtigen Zubehör lässt sich noch so viel mehr Potential aus der Kamera und dem Objektiv schöpfen. ND-Filter ermöglichen Effekte, die sich auch im Zeitalter der Digitalkameras und Photoshop mit Nachbearbeitung nur sehr schlecht oder garnicht umsetzen lassen, weil man dafür zu stark in das Bild eingreifen müsste. Dadurch riskiert man Qualitätsverlust. Fotografiert man jedoch gleich mit Filter, hat man den gewünschten Effekt und die hohe Bildqualität. Und das Beste für Einsteiger in die Filterfotografie: bereits in niedrigen Preissegmenten kann man die ersten Filter erwerben und damit die ersten Erfahrungen sammeln.
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